Filmemacherin Maria Weber im Interview

17. November 2020 Anderswo 0
Filmemacherin Maria Weber im Interview

Maria Weber

Maria Weber ist über die Bildhauerei zum Animationsfilm gekommen, wobei sie die Realität besonders bewegt. Seit 2007 ist sie freischaffende Filmemacherin und hat sich auf partizipative Filmprojekte und Stop-Motion Animationsfilme spezialisiert. 

2009 erschien ihr Debut, der Dokumentarfilm „Nairobi Love Story“. 

Ihre „Statements“-Trilogie „HomeStatements“, „LoveStatements“ und „BirthStatements“, alle drei Stop-Motion-Animationsfilme,wurden bereits auf mehreren Festivals gezeigt. 

Maria ist Mutter einer vierjährigen Tochter und eines zweijährigen Sohnes.

INTERVIEW:

Du hast ja schon viele Filme gemacht, und hast immer unterschiedliche Zugänge gehabt, wie du zu den verschiedenen Themen gekommen bist.
Wie ist jetzt die Idee enstanden, dass du jetzt Kinder zum Thema Corona befragen möchtest.

Es war im Grunde bei den letzten 3 Filmen, bei der „Statement“-Reihe, der Trilogie so, dass ich vereinzelt auch immer Kinder befragt habe, wenn auch ganz wenige nur. Und ich finde, die genialsten Aussagen, die da drinnen sind, in diesen „love“, birth“ usw – Statements, kamen irgendwie von Kindern, und deshalb habe ich das immer so cool gefunden, mit Kindern. Jetzt habe ich mir gedacht, ich probiere es einmal. Eigentlich hätte es ein ganz anderes Thema sein sollen, eigentlich wollte ich es zum Thema „Mama“ machen – und dann war Corona, und wir waren alle daheim. Obwohl ich mit 2 kleinen Kindern daheim weniger Zeit denn je hatte, dachte ich mir, das wäre jetzt die Chance – begonnen habe ich dann eh erst gegen Ende des Lockdowns, Anfang Mai. Spannend wäre es auch gewesen, so mittendrin, aber das war nicht möglich. Die meisten Interviews sind erst jetzt im Juli entstanden, das heißt, es ist eh sehr viel Zeit vergangen.

Aber ich habe gemerkt – ein Lehrer von uns, ich habe ja in Italien Film studiert, und der hat immer gesagt, die 3 schwierigsten Sachen sind „barche, besti e bambini“, also Schiffe, Tiere und Kinder. Manche Kinder waren beim Interview sehr dankbar und haben viel geredet, aber bei denen, die nur ein Wort sagen und man sich dann schon immer mehr Fragen raussagt, und es kommt wenig zurück, das ist herausfordernd.

Ich kann mich mit der Kamera auch nicht unsichtbar machen, das wäre manchmal das Beste gewesen, weil manche Kinder dann halt auch beginnen, zu inszenieren.

Waren für dich bei den Aussagen der Kinder auch Momente oder Erkenntnisse dabei, wo du selber auch drauf gekommen bist – ah, so geht es denen jetzt eigentlich hier. Waren da neue Erkenntnisse für dich dabei?

Ja, schon, gerade bei den Schulkindern, mit denen ich ja nicht so intensiven Kontakt habe, da meine Kinder selber noch nicht in der Schule sind. Die Einen haben es „zach“ gefunden, daheim zu lernen, weil sie allein im Zimmer sitzen, während die kleineren Kinder draußen spielen. Das war für manche gar nicht leicht.
Das Gegenteil waren Kinder, die es sehr genossen haben, nicht in die Schule zu gehen, weil er mit seiner Oma über Skype gelernt hat. Das habe ich sehr spannend gefunden. Und auch die Frage, wie lange sie glauben, dass es noch dauert, war sehr spannend. Von einem Kind kam die Antwort „100 Jahre“!
Das war spannend.

Du hast mit den Interviews auch viele Kinder ganz neu kennengelernt.

Ja, das war sehr spannend. Und es waren wirklich Kinder von 2 bis 12 Jahren dabei. Und ich muss sagen, die ganz Kleinen sind schon auch sehr cool.

Du hast ja bei deiner Trilogie immer animiert. Hier hast du dich entschieden, das anders zu machen.

Ja, ich wollte jetzt nicht ein Projekt beginnen, an dem ich dann wieder Jahre sitze, gerade in der jetzigen Lage. Wenn ich das jetzt animieren würde, würde das noch ewig dauern. Und ich finde, das ist jetzt so ein aktuelles Thema, und außerdem sind Kindergesichter so schön, wenn sie erzählen. Deshalb wollte ich das wieder einmal mit der Kamera probieren.

Was ist der Plan jetzt weiter mit dem Projekt? Du hast ja auch die Kinder um Collagen zum Thema Corona gebeten.

Ja, es gibt Zwischenkapitel zu den verschiedenen Fragen, und da habe ich Zwischenbilder gebraucht, um nicht nur Interviews zu haben. Deshalb wollte ich sie etwas basteln lassen. Von den Aufnahmen wird aber vielleicht nicht so viel reinkommen. Ein bisschen Animation werde ich jetzt auf jeden Fall in die Titelsequenzen einbauen, dann muss ich schauen, inwieweit dann die Aufnahmen auch noch reinpassen.

Du hast ja vorher gemeint, dass du, als du in Italien Film studiert hast, hat es geheißen, „Schiffe, Tiere und Kinder“ sind das Schwerste. Wie bereitet man sich auf so ein Interview vor, wie bist du an das herangegangen?

Die Aufnahmen am 1. Mai waren eher Probeaufnahmen, was dann eh oft das Coolste wird oder in diesem Fall historisch auch nicht mehr rückbringbar, weil es das Einzige war, das wirklich während des Lockdowns entstanden ist. Dann hab ich die Fragen von Interview zu Interview auch abgeändert. Eigentlich bin ich reingesprungen, weil ich mir gedacht habe, cool, heute wäre Zeit, vorbereitet habe ich nix, aber ich probiers jetzt einfach mal. Das war also mehr learning by doing. Aber es gibt noch viel zu lernen.

Glaubst du, es wird ein Sequel geben? Vielleicht während des nächsten Lockdowns ☹?

(Lacht) Oh nein! Aber ja, das würde mir schon taugen. Ich habe mir gedacht, vielleicht wird das so ein Prototyp für verschiedene Themen. Und das Schöne war auch hier, bei uns in der Gemeinschaft, weil normal musst du das ja immer mega organisieren, irgendwo Kinder hinkommen lassen, und die halt dann auch nicht allein, weil das sind ja oft kleine Kinder. Hier war das super, du schreibst einfach: Ich bin jetzt im Gemeinschaftshaus, wobei ich es natürlich ein wenig organisiert habe, damit nicht alle gleichzeitig kommen, aber es waren ca. 1/3 unserer Kinder da, ca. 25 Kinder.

Du hast ja auch gesagt, zuerst wäre das Thema „Mama“ gewesen.

Ja, weil mich das gerade selber so interessiert, weil es der Film gewesen, oder ist der Film, zu dem ich eine Animation plane. Da wäre es auch voll nett, die Kinder zu befragen. Beim ersten Dreh habe ich immer zu „Mama“ etwas gefragt, das habe ich beim zweiten dann ganz aufgehört.

Aber ist da auch von den Kindern irgend etwas gekommen, eventuell von den älteren, dass sich das Leben der Familie mit Corona, mit dem Lockdown, dass sich da jetzt noch etwas verändert hätte, dass sei Sachen wieder schätzen, die sie vorher nicht gehabt haben.

Ja, irgendwer hat das gesagt, dass es cool gewesen ist, so viel daheim und in der Familie zu sein. So dezidiert drinnen war es nicht, es mehr zwischen den Zeilen durchgeklungen.

Wie siehst du generell deine Arbeit als Filmschaffende?

Ich komme ja ursprünglich aus der Bildhauerei, und bin dann über Fotografie und Super8 dann irgendwann zum Dokumentarfilm gekommen, und in meinen Stopmotion-Filmen ist das jetzt die coole Möglichkeit, die Bildhauerei mit dem Dokumentarfilm zu verbinden. Weil vom Dokumentarfilm komme ich irgendwie nicht mehr weg, weil die realen Interviews immer cool sind.

–> Nachtrag: Mittlerweile gab es eine großartige Premiere und der nächste Lockdown ist ja auch schon wieder da – vielleicht folgt ja wirklich noch eine Fortsetzung 🙂

https://weberknechtfilm.wordpress.com